„Ungarns Mediengesetz wird hart kritisiert und bedarf zumindest der Erläuterung. Sollten die Zensurvorwürfe zutreffen, kann und muss Europa sich einmischen.
Die neue ungarische Mediengesetzgebung hat vor allem deswegen Aufmerksamkeit erlangt, weil das Land am 1. Januar die Präsidentschaft des EU-Ministerrats übernehmen wird. Es wird teilweise mit großer Emphase infrage gestellt, ob eine Regierung, die solch Gesetz durchsetzt, würdig sei, die Präsidentschaft anzutreten. Viele Kritiker sagen, die Pressefreiheit werde eingeschränkt, weil die einseitig besetzte neue Medienbehörde Zeitungen wegen „politisch unausgewogener“ Berichterstattung mit hohen Bußgeldern belegen könne. Auch sei der Quellenschutz in „Fragen der nationalen Sicherheit“ gefährdet.
In der EU-Charta der Grundrechte ist es von großer Bedeutung, „die Freiheit der Medien und ihre Pluralität“ zu achten (Artikel 11). Dies schließt „die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben“. Nur ist dieser Artikel nicht unmittelbar anwendbar, weil die Charta nur bei EU-Gesetzgebung und deren Umsetzung zur Verfügung steht. Die Organisation des Medienrechts aber liegt in nationaler Kompetenz, in Deutschland sogar in Länderkompetenz, die zäh verteidigt wird.
Wegen der Bedeutung der Pressefreiheit wäre aber der Klageweg über den Straßburger Menschenrechtsgerichtshof des Europarats möglich. Auch die EU könnte, wenn die Vorwürfe zuträfen, aktiv werden und die EU-Charta der Grundrechte und die Europäische Menschenrechtskonvention als Bewertungsmaßstäbe heranziehen (Artikel 6 EUV, Vertrag von Lissabon).”